Ohne Luther…


Willkommen beim Luther-Projekt
des Kirchenkreises Burgdorf
zum 500. Reformationsjubiläum 2017

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Arbeit

… gäbe es keine Berufsberatung!

Vor Luther gab es nur einen Beruf: die Berufung, Priester oder Mönch zu werden. Durch viele Gebete und Gottesdienste konnte man sich den Zugang zum Himmel erwerben. Die übrigen Menschen hatten vor lauter Sorge um das tägliche Leben dazu keine Zeit.

Luther erkannte, dass Gott den Menschen das Heil schenkt um Christi willen. Die Menschen brauchen im Glauben nur darauf zu vertrauen und können nun Gott gefällig leben im Dienst für die Mitmenschen. Das konnte von nun an in allen Berufen geschehen, ob die Magd die Stube kehrt, der Lehrer unterrichtet, die Landwirtin für Nahrungsmittel sorgt, der Schuster Schuhe herstellt, die Pastorin predigt oder ein Beamter für die öffentliche Ordnung sorgt. Jede ehrliche Arbeit hat die gleiche Würde. Die Wahl des Berufs hängt dabei nicht nur von der Herkunft (oder dem „Stand“), von Fähigkeit und Ausbildung ab, sondern auch vom dem Bedarf der Gemeinschaft.

Standort: Martin-Luther-Haus Hämelerwald

Bildung

… müsstest du nicht zur Schule gehen!

Ein Leben ohne Schule klingt für manche heute traumhaft. Im Mittelalter war das anders: Lesen und Schreiben lernen durften damals nur ganz wenige. Vor allem reiche Familien ermöglichten ihren Kindern eine Schulbildung. Die meisten Menschen konnten dagegen nur mit Mühe ihren Namen schreiben. Lesen war Fehlanzeige! Die Leute waren auf die wenigen Gebildeten angewiesen, waren von ihnen abhängig. Auch und besonders in der Kirche.

Für Luther und seine Gefährten musste sich das grundlegend ändern. Sie meinten, dass jeder Gläubige einen direkten Draht zu Gott hat und schon deshalb war es wichtig, dass auch jeder Gottes Wort, also die Heilige Schrift der Bibel, lesen konnte. „Bildung für alle“ war das Motto – übrigens auch für Mädchen und Frauen. Heute ist der Schulbesuch selbstverständlich und wenn wir mal ehrlich sind: so ganz ohne Schule würde das Leben kaum einen Sinn machen, oder?

Dazu die Paulus-Gemeinde Burgdorf:
Gerade mit dem benachbarten Gymnasium Burgdorf und mit der Gudrun-Pausewang-Grundschule pflegt die St.-Paulus-Kirchengemeinde eine enge Zusammenarbeit. Dazu gehören die Schulgottesdienste, die wir gemeinsam feiern. Seit über 15 Jahren bietet die Gemeinde in den Räumen des Kirchenzentrums eine besondere Hausaufgabenhilfe für Grundschulkinder an.
Standort: St. Paulus-Kirchenzentrum Burgdorf, Kreuzkirche Sehnde

… wären wir Analphabeten!

Die Reformation war eine Bildungsbewegung, denn alle sollten die Bibel lesen können! Deshalb hat Luther sie ins Deutsche übersetzt. Und deshalb musste überhaupt jeder und jede lesen können. Aber ganz alleine hätte Luther es nicht geschafft, überall die Alphabetisierung der einfachen Leute durchzusetzen. Philipp Melanchthon, einer von Martin Luthers engsten Freunden, brachte nicht nur Luther die griechische Sprache (die Sprache des Neuen Testaments) bei.

Melanchthon galt als einer der berühmtesten Universalgelehrten seiner Zeit – sein Ehrentitel lautete daher „Praeceptor Germaniae“ (Lehrer Deutschlands). Durch seine Lehrpläne, Studienordnungen, Schulgründungen, Universitätsreformen, aber auch durch seine Schüler hat er das Bildungswesen der deutschen Länder entscheidend beeinflusst. Und die SchülerInnen der SchülerInnen der SchülerInnen seiner Schüler von damals sind – WIR!

So sollte es sogar noch besser heißen und so wollen wir es hier schreiben, damit es alle richtig lesen können: Ohne Luther und ohne Melanchthon wären wir Analphabeten!

Standort: St. Martinskirche Sievershausen

Gemeinschaft

… gäbe es keinen Wein!

Brot und Wein, also der Saft der Reben, gehören seit der frühen Christenheit zum Abendmahl dazu. Das geht zurück auf die Geschichte vom letzten Abendmahl, das Jesus mit seinen Freunden gefeiert. Brot bedeutet, dass Jesus seinen Leib am Kreuz gibt. Der Wein steht für das Blut, das für die Gläubigen vergossen wurde zur Vergebung der Sünden.

Bis zum 13. Jahrhundert war es üblich, das Abendmahl „in beiderlei Gestalt“ einzunehmen – also mit Brot bzw. einer Hostie und einem Schluck Wein (oder Saft) aus dem Kelch. Später nahmen die Gläubigen nur noch die Hostie. Viele fühlten sich zu sündig und zu „unwürdig“ für den Kelch. Auch hatten sie Angst, den Wein zu verschütten und damit wirklich Christi Blut zu vergießen. Schließlich blieb nur der Priester übrig, um stellvertretend für die anderen Gläubigen aus dem Kelch zu trinken.

Für die Reformatoren war es von Anfang an wichtig, dass beide Elemente gereicht werden. Schließlich hatte Jesus selbst das Abendmahl mit Brot und Wein gefeiert. Und weil Jesus es selbst eingesetzt hat, gilt das Abendmahl den Evangelischen neben der Taufe als Sakrament.

Die Gemeinschaft mit Jesus können wir also schmecken und dabei spüren, wie Gott uns auf unserem Lebensweg stärkt.

Standort: St. Petri-Kirche Steinwedel

Gewissen

… hätten wir weniger Mut!

Es war ein bisschen wie David gegen Goliath: Ein unbekannter Mönch und Theologieprofessor aus der Provinz gegen den Papst und seine Weltkirche. Luther war fest davon überzeugt, dass seine katholische Kirche beim Ablasshandel auf dem Holzweg war,  und deshalb musste er sie wieder auf den rechten Pfad zurückführen. Dabei wusste er die Bibel auf seiner Seite: Gott kann man nicht mit Geldspenden gnädig stimmen. Nicht mal, wenn es um Gelder für den Neubau des Petersdoms in Rom geht!

Es war eine tiefe Einsicht, die Luther selbst veränderte. Vielleicht erklärt sich daraus der Mut, den es brauchte, um in dieser Frage dem Papst und seinen Gelehrten die Stirn zu bieten.

Natürlich hatte Luther nicht nur Mut. Oft genug hatte er auch Angst. Von vielen Seiten wurde er angefeindet und bedroht. Mehr als einmal hat er um sein Leben gefürchtet. Aber sein Gewissen trieb ihn an, die aus seiner Sicht eindeutige Wahrheit zu verteidigen: Gottes Liebe ist größer als alle menschlichen Versuche, sie zu erlangen. Und die Bibel steht über dem Papst.

Die Geschichte der Reformation ist keine Heldengeschichte. Aber sie ist aus evangelischer Sicht eine Mutgeschichte. Sie macht Mut für das einzustehen, von dem man überzeugt ist. Auch wenn man erst einmal auf verlorenem Posten scheint. Gute Argumente können andere überzeugen. Worte können stärker sein als Waffen. Darauf lässt sich aufbauen, heute noch!

Dazu die Kirchengemeinde „Zum Heiligen Kreuz“ Arpke:
Wir haben diese These gewählt, weil wir Martin Luther toll finden mit seiner Treue zu seinem Gewissen, seinem Mut und seiner Überzeugungskraft.
Standort: Kirche zum heiligen Kreuz, Arpke

Gnade

… wäre Liebe käuflich!

Denn genau das wollten die Ablasshändler der katholischen Kirche um 1500 dem Volk weismachen: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“ Und wer nur genug gibt, kann auch gleich für seine verstorbenen Verwandten mitbezahlen, damit sie nicht allzu lange im Höllenfeuer braten mussten. Ein Geschäft mit der Angst.

Luther setzte dagegen: Kein Geld und Gold der Welt rettet deine Seele. Das tut allein Gott, und zwar „gratis“ – aus lauter Gnade! Gottes Liebe ist nicht käuflich.

Daran halten wir fest, damit auch heute nicht der mit dem dickeren Portemonnaie näher an Gott ist, sondern für alle gilt: Gottes Liebe ist ein Geschenk!

 

… wären wir gnadenlos!

„Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Das hat sich Martin Luther immer wieder gefragt. Damit war er ein Kind seiner Zeit. Auf den Malereien von damals wird es deutlich. Jesus als Weltenrichter teilt die Menschen ein: Die „Guten“ kommen in den Himmel, die „Schlechten“ in das ewige Höllenfeuer. So lebten die Menschen damals in der ständigen Angst vor dem strafenden Gott, der alle Sünden sieht und durch bestimmte Taten, Gebete und andere (Ablass-)Handlungen gnädig gestimmt werden musste.

Luther hat in der Bibel gelesen und verstanden, dass die Menschen Gott nicht gnädig stimmen können. Weder mit Geld noch mit guten Taten. Es ist vielmehr Gott selbst, der ein großes Herz hat für die Menschen, mit all ihren Fehlern, Ecken und Kanten. Ihnen vergibt Gott immer wieder, seine Liebe bekommen wir „gratis“ – aus Gnade geschenkt.

Dazu die Kirchengemeinde Dollbergen-Schwüblingsen:
Dieses Geschenk Gottes verbleibt nicht in der Beziehung zwischen Gott und dem einzelnen Menschen. Es kann auch den Umgang der Menschen miteinander beeinflussen. Gottes geschenkte Gnade richtet uns Menschen auf, denn durch sie erfahren wir, dass Gott die Menschen liebt. Ein geliebter und angenommener Mensch fühlt sich wertvoll und kann ganz anders das eigene Leben annehmen. Anders, als Menschen, die sich in der Rolle der Verlierer sehen. Weil sie den vielen überfordernden Erfolgsbildern unserer Gesellschaft nicht entsprechen. Oder weil sie selbst hinter ihrer eigenen Erwartungen an sich selbst zurück bleiben. Oder, oder, oder. Solche Menschen empfinden das Leben als ziemlich gnadenlos. Können wir darauf hinwirken, dass diese Menschen statt immer neue „Ablasszettel“ mit Leistungsforderungen mal ein „Gnadenlos“ ziehen? Können wir also diesen Menschen ein Zeichen geben, dass auch sie geliebt, angenommen und wertvoll sind?
Standort: Erlöserkirche Uetze-Dollbergen

Musik

… gäbe es keine Schlagermusik!

… gäbe es keine Weihnachtslieder!

… wären wir stumm!

„Vom Himmel hoch da komm ich her“ ist nur einer von Luthers Weihnachtsschlagern. Was die meisten nicht wissen: Martin Luther war nicht nur ein großer Theologe, Denker und Redner. Er war auch Musiker, Liedermacher und Dichter. „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig, die Verzagten herzhaft zu machen“, so beschrieb Luther die Kraft der Musik. Deshalb hat er bekannte Melodien und Gassenhauer seiner Zeit genommen und mit geistlichen Texten versehen. Wenn man so will, wurde dadurch die Schlagermusik geprägt, wie wir sie heute kennen.  Aber auch die Kirchenmusik erfuhr dadurch eine neue Blüte. Wo vorher Mönche lateinische Gesänge vortrugen, singen seit der Reformation Gottesdienstbesucher_innen selbst in ihrer jeweiligen Muttersprache.

Menschen singen und spüren die Kraft der Musik, ganz im Sinne einer „singenden Verkündigung“. Übrigens schon seit langem auch in der katholischen Kirche.

Dazu die Martin-Luther-Kirchengemeinde Ehlershausen, Otze, Ramlingen
Neben den Weihnachtsliedern finden wir noch weitere ‚frohe Botschaften‘ von Martin Luther im Gesangbuch. Uns als musikalische Kirchengemeinde freut das, da wir gern singen.
Standorte: Martin-Luther-Kirche Ehlershausen, St. Ulrich-Kirche Haimar, Barockkirche Ilten

Selbstständigkeit

… wüsste ich, was ich glauben soll!

Die meisten Menschen zur Zeit Martin Luthers konnten weder lesen noch schreiben. Besonders wenn es um den Glauben ging, waren sie deshalb auf Autoritäten wie Priester, Bischöfe und den Papst angewiesen. Die römisch-katholische Kirche kennt bis heute das Lehramt. Dies bedeutet, dass der Papst in allen Fragen des Glaubens das letzte Wort hat – notfalls sogar gegen die Bibel! Er kann Kraft seines Amtes („ex cathedra“) unfehlbare Lehrentscheidungen treffen, die dann alle Katholiken als Lehre der katholischen Kirche annehmen müssen.

Luthers „Entdeckung“: Gott vergibt den Menschen aus Gnade ihre Sünden. Das zeigte sich in der Vorstellung, dass alle Gläubigen in der Taufe zu Priestern werden. Ein solches „Priestertum aller Getauften“ führte dazu, dass die Menschen sich immer weniger reinreden ließen, wenn es um ihr Verhältnis zu Gott und zur Kirche ging. In Himmelsangelegenheiten wurden immer selbständiger.

Eine solche geistliche Selbständigkeit ist zwar schön, macht aber Arbeit. Einerseits darf man Evangelischen nicht reinreden, wenn es um ihren persönlichen Glauben geht. Andererseits kann es manchmal auch echt anstrengend sein, wenn man sich immer wieder selbst fragt, was das alles mit einem selbst zu tun hat. Das war damals so und gilt bis heute noch: selber denken (und glauben) ist notwendig.

Standort: Martinskirche Ahlten

Sprache

… wären wir sprachlos!

… hätten wir keine gemeinsame Sprache!

Heute ist es selbstverständlich: Ostfriesen können sich mit Bayern unterhalten und Sachsen (meistens) mit Rheinländern. Das war früher anders. Deutschland im 16. Jahrhundert war nicht nur ein bunter Flickenteppich der Fürstentümer, sondern auch ein Sammelsurium von mehr als 20 verschiedenen Sprachen und Dialekten.

Bei seiner Übersetzung der Bibel aus dem Altgriechischen, dem Hebräischen und dem Lateinischen übernahm Martin Luther Redewendungen aus dem Oberdeutschen, das im Süden gesprochen wurde, und dem Niederdeutschen, wie es im Norden zu finden war. Am Anfang war das aber nicht sehr verkaufsfördernd. Im Süden gab es bald Übersetzungshilfen zur Lutherbibel und auch im Norden wunderte man sich lange über manche Worte. Und doch: Die Bibel wurde gedruckt und im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet. Spätestens im 19. Jahrhundert war dann eine gemeinsame deutsche Schriftsprache entwickelt, die in weiten Teilen auf Luther zurückging.

Ohne Luther würden wir heute buchstäblich nicht unser „Licht unter den Scheffel stellen“, gäbe es keine „Steine des Anstoßes“ und wären wir nicht „mit Blindheit geschlagen“. Und auch was das „Morgenland“, ein „Lückenbüßer“ oder ein „Lästermaul“ sind, wissen wir heute dank Luther immer noch.

Standorte: Markuskirche Lehrte, St. Petri-Kirche Hänigsen